Ende mit Fragezeichen

Wenn die Zeitschrift MP nach Lesermeinung „eine sinnvolle Sache“ war (siehe Leserecho), stellt sich die Frage, ob dann deren Einstellung sinnvoll, unvermeidlich war.
Auch hier kommt es auf den Standpunkt an. Für MP-Leser wie oben zitiert war die Einstellung zweifellos nicht sinnvoll; sie hätten die Zeitschrift gern noch lange weiter bezogen. Andere Leser waren aber seit der Wende auf Fachzeitschriften aus dem nun großen Angebot umgeschwenkt oder hätten dies vielleicht noch getan. Über die jeweiligen Zahlen lässt sich nur spekulieren. Für den neuen Eigentümer des Verlages und somit auch der Abonnentenadressen war es also - kurzfristig gesehen - lukrativer und mit weniger Risiko behaftet, diese baldmöglichst zu barer Münze zu machen - ergo wie geschehen an den Ziff Verlag zu verkaufen.
Die Redaktionsmitarbeiter wiederum sahen in einer Weiterführung der MP durchaus die Chance, die Zeitschrift aus der Verlustzone zu bringen. Eine positive Tendenz zeichnete sich mit der Reduzierung der Herstellungskosten durch die Einführung des DTP-Satzes im Hause ab. Vor allem aber mit dem neuen Acorn-Konzept, das gerade erst anlief. Mit dem Füllen einer Marktlücke wäre die MP vermutlich auch für eine große Zahl von Anzeigenkunden interessant geworden.
In einem groben Überschlag von Kosten und Einnahmen kam CR Weiß im Juli 1992 zu dem Ergebnis, dass bereits mit 1,5 Anzeigenseiten mehr monatlich der Verlust hätte ausgeglichen werden können. Allerdings wären dazu eine ernsthafte, professionelle Anzeigenakquise und mehr werbliche Aktivitäten in den alten Bundesländern seitens des Verlages erforderlich gewesen. Also das, was sich die Redaktion von der Kompetenz eines West-Verlegers mit entsprechenden marktwirtschaftlichen Kenntnissen und finanziellen Möglichkeiten erhofft hatte. Denn während, wie u.a. Kollegen aus West-Verlagen berichteten, die Anzeigeneinnahmen bei Zeitschriften gegenüber den Verkaufserlösen üblicherweise den weitaus größeren Teil ausmachten (siehe auch Reinhard Mundhenke, Der Verlagskaufmann, Societäts-Verlag 1981, Seite 217), waren dies bei der MP nur etwa 20 Prozent der Einnahmen.
Interessant ist auch eine Übersicht von Anfang1992 der von Verleger Huss übernommenen Zeitschriften der Verlage Technik, Die Wirtschaft und Bauwesen. In einer „negativen Rangfolge“ des Vertriebs der 16 Zeitschriften rangiert die Mikroprozessortechnik erst an 13. Stelle.




Hans Weiß


Siehe auch:

Leserecho

Aufbruchstimmung vor Katerstimmung

Von Anfang bis Ende

MP hebt sich inhaltlich und gestalterisch ab

Alles anders